Niemals aufgeben

Niemals aufgeben

by Isabell

Niemals aufgeben

wenn der Hund krank ist

 

Die Vorgeschichte

Mila ist ein drei Jahre junges Rhodesian Ridgeback Mädchen, welches leider schon im Welpenalter einen harten Schicksalsschlag erleben musste.

Sie wurde am 17.02.2018 augenscheinlich gesund und munter in Jülich geboren und ist dort zusammen mit neun Geschwistern aufgewachsen.

Frühestens ab der 6. Lebenswoche erfolgt die Wurfabnahme, in deren Zuge der Zuchtwart die Wurfstätte besucht und den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Mutter und des Wurfes kontrolliert und protokolliert. Dieses Protokoll liegt auch dem Zuchtverein vor. Auch die Untersuchungen, Impfungen und Chip-Kennzeichnung durch den Tierarzt werden standardgemäß an jedem Welpen durchgeführt.

Rassehunde und deren Welpen weisen mit dem Ahnennachweis eines Zuchtverbandes bzw. Dachverbandes nicht nur ihre Rassezugehörigkeit nach, sondern auch, dass die Aufzucht unter strengen und kontrollierten Bedingungen erfolgt ist. Auf der Ahnentafel werden die einzelnen Daten der Welpen eingetragen, wie u.a. der Name, der Stammbaum und Daten über weitere Familienmitglieder. Jeder Rassehund verfügt über eine solche Ahnentafel; Hunde ohne Ahnentafel werden Mischlinge genannt.

Bei dieser Wurfabnahme wurde leider festgestellt, dass Mila einen ungewöhnlichen Knubbel unter der Haut am Rutenansatz vorwies. Dies wiederum ist ein Zeichen auf die Erkrankung Dermoid Sinus (kurz DS). Der Dermoid Sinus ist eine Zyste, die bei verschiedenen Rassen vorkommt, vorwiegend allerdings bei Rhodesian Ridgeback, aufgrund des rassetypischen Ridge auf dem Rücken. Die Zyste ist angeboren und genetisch und kommt im Bereich der Wirbelsäule und des Schädels vor. Sie ist gefüllt mit Haaren und Talg und bereitet dem Hund zunächst keine Beschwerden bis sie sich entzündet. Da der Dermoid Sinus kein Schönheitsfehler ist, muss er unverzüglich operiert werden. Mila wurde somit kurz nach Feststellung der Zyste operiert.

Die Operation und ihre Folgen

Beim Dermoid Sinus ist die Haut auf dem Rücken eingestülpt und bildet einen Gang bzw. eine Röhre entlang der Wirbelsäule. Bei Mila war es leider so, dass die Röhre bis in die Wirbelsäule hineingewachsen war. Der operierende Tierarzt musste ein Stück der Wirbelsäule entfernen, wodurch es zu einer folgenschweren Schädigung einzelner Nervenbahnen kam. Bereits vor Ort wurde unsere Züchterin darauf hingewiesen, dass neurologische Ausfälle nicht auszuschließen seien.

Nachdem sich Mila dann bei unserer Züchterin zu Hause von der Narkose erholt hatte, wurden die Folgen der Operation sichtbar: beide Hinterläufe und die Rute waren gelähmt! Es war ein großer Schock für uns alle. Ein Anruf beim Tierarzt verhieß nichts Gutes. Er deutete bereits an, dass Mila wohl eingeschläfert werden müsse. Unsere Züchter und wir waren der Verzweiflung nahe.

Nach der Diagnose

In den kommenden Tagen nach der OP bekamen wir mehrmals täglich Videos und Fotos vom Zustand unserer kleinen Maus zugeschickt. Glücklicherweise kam das Gefühl in den Hinterläufen sehr zeitnah zurück. Nur die Rute blieb taub und hing wie ein trauriges Tau nach unten. Aufgrund der OP musste Mila einen Body tragen, der ihre OP-Narbe schützen sollte. Dadurch wurde sie zu einem „Opfer“ ihrer Geschwister, die tagtäglich an ihr rumzubbelten und sie ein wenig mobbten. Harte Tierwelt eben. Der Schwächste hat das Nachsehen.

Unser Züchter haben Mila separiert, damit sie sich erholen konnte.

Der Einzug

Ende der 9. Lebenswoche durften wir Mila zu uns holen. Das Fädenziehen übernahm bereits unsere Tierärztin. Die Wunde verheilte gut. Die Hinterläufe entwickelten sich weiter. Die Rute blieb taub.

Wir haben von unseren Züchtern bei der Abholung das Welpen-Wackelbrett ausgeliehen bekommen, damit Mila dort Balanceübungen machen konnte. Außerdem haben wir uns in den Garten ein Bällebad gestellt, welches kleine Kinder auch oft bekommen.

Viele Leute, die uns auf Spaziergängen auf Mila und ihre unkontrolliert wackelnde Rute ansprachen, sagten uns, dass Mila wohl große Problem mit anderen Hunden bekommen würde, weil diese so nicht erkennen könnten, ob Mila gut oder schlecht drauf sei. Wir wurden gefragt, ob dies so denn ein überhaupt ein erträgliches Leben für einen Hund sei. Sie würde sicherlich Zeit ihres Lebens von anderen gemobbt oder gemieden werden. 

Natürlich wollten wir mit Mila auch zur Hundeschule gehen. Auch da wurde uns gesagt, dass Mila sicherlich Probleme bekommen würde mit ihren Artgenossen.

Kurz nach Einzug in ihr neues Zuhause setzen wir uns mit einen Physiotherapeutin für Tiere in Verbindung und stellten Mila dort vor. Mila bekam fortan regelmäßig einmal die Woche eine Lasertherapie mit Wärmebehandlung, wurde ordentlich durchgeknetet und bekam zusätzlich Hausaufgaben. Denn: Nerven können sich nachbilden! Die Hausaufgaben bestanden darin, unterschiedliche Untergründe mit Mila zu begehen. Sie sollte klettern, balancieren üben, über Stock und Stein wandern, damit die Pfoten „kitzeln“ und die Nervenzellen wiederbelebt werden. Wir nutzen jede Gelegenheit, um Mila genau dies zu ermöglichen. Wir sind an sämtliche Orte in der Nachbarschaft gefahren, damit Mila so viele wie möglich davon nutzen konnte. Jeden Tag wurde im Bällebad gespielt. Es wurde rein- und rausgesprungen. Das Wackelbrett wurde bis zur Erschöpfung durchgewackelt.

Des Weiteren meldeten wir Mila zur Welpenschule an. In der 1. Gruppe flogen wir leider recht schnell raus, da Mila wesentlich größer war als andere Welpen und ihre Kraft nicht gut einschätzen konnte. Sie war schlichtweg zu wild – ein Welpe eben. Aber sie war weder schüchtern noch wurde sie von anderen gemobbt. In der 2. Welpengruppe fand Mila schnell Freunde und so waren alle glücklich. Wir besuchten sogar noch eine andere 3. Welpengruppe – zusätzlich, damit Mila noch mehr soziale Kontakte haben konnte -  und auch dort verlief alles reibungslos. Es gab nie Vorkommnisse.

Mila’s Entwicklung

Nach und nach, in ganz langsamen Schritten, kam tatsächlich das Gefühl in die Rute zurück. Mila konnte sie von Monat zu Monat, von Quartal zu Quartal immer weiter anheben. Am Anfang klappte es erst, wenn sie etwas im Maul getragen hat oder sich sehr freute. Schnell ging die Kraft dann aber auch wieder raus. Balance war immer ein Thema. Sie ist in den ersten zwei Jahren sehr oft gestürzt, mit einer Pfote beim Rennen unglücklich umgeknickt, hat sich verletzt. Wir waren Dauergast beim Tierarzt. Bedingt durch die instabile Rute fehlte ihr natürlich die Standfestigkeit und das Feingefühl. Beim Balancieren auf einem Baustamm fiel sie regelmäßig seitlich ab. Auch das Gangbild war nicht in Ordnung. So konnte sie z. B. nicht neben einem gehen und einen anschauen, ohne dass sich das Hinterteil leicht schief stellte.

Ganz lange hatte sie noch mittig in der Rute einen Knick, wodurch sie die Rute nicht in die Höhe strecken konnte wie andere Ridgebacks.

Mitte 2019 haben wir Mila dann einer Goldakupunktur unterzogen. Auf Empfehlung unserer Physiotherapeutin hatten wir gewartet, bis Mila körperlich soweit ausgewachsen war. Bei der Goldakupunktur werden mit einer speziell entwickelten Injektionstechnik Gold- und in manchen Fällen auch Platinimplantate an Akupunkturpunkte in die Muskulatur oder unter die Haut gesetzt. Die Gold- und Platinstücke wachsen ohne Probleme in das Gewebe ein und verbleiben ein Leben lang an der eingesetzten Stelle. Sie können ihre Lage verändern, tun diese in der Regel aber nicht.

Durch die Stimulation der Akupunkturpunkte kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung körpereigener, Schmerz regulierender Stoffe. Es ist eine medizinische Vorbildung nötig, um die genaue Wirkungsweise zu verstehen und wiedergeben zu können, daher verzichte ich in diesem Fall auf eine weitere Erläuterung. Für uns war nur das Ergebnis wichtig: es unterstützte Mila in der weiteren Entwicklung ihres Gangbildes und der Festigkeit der Rute. Der vorhin angesprochene Knick in der Rute verschwand und Mila konnte die Rute etwa nach einem halben Jahr bereits konstant hochhalten.

Wir haben uns mit jeder Entwicklung immens gefreut. Jedes Mal, wenn die Rute sich in die „richtige“ Richtung bewegte, stießen wir einen Freudenschrei aus. Es war, als würde man seinem Kind beim Laufenlernen zujubeln.

Fazit

Heute ist Mila drei Jahre und knapp drei Monate alt. Sie hat eine Rute wie jeder andere Hund. Sie hat Freunde. Sie ist freundlich und aufgeschlossen anderen Hunden gegenüber. Nur an ihr Hinterteil lässt sie kaum einen Hund. Wir vermuten, es ist das Trauma aus der Welpenzeit, bedingt durch den Body und ihre Geschwister.

Sie ist voller Lebensfreude. Sie kann balancieren wie ein Weltmeister. Die Rute ist bis auf die äußerste Spitze (ca. 1 cm breit) vollständig intakt. Das zeigt uns, dass man nie aufgeben darf. Weder beim Menschen noch beim Tier. Jeder hat ein Recht auf Leben und wenn man ihn/sie ein wenig unterstützt, kann so viel Schönes dabei rauskommen. Im Nachhinein und auf alten Videos betrachtet, lachen wir natürlich auch über diese unkontrolliert hin- und herwackelnde Rute. Natürlich war es auch irgendwie niedlich und machte sie zu etwas Besonderem.

Wir haben nie aufgehört an sie zu glauben. Es war eine harte Zeit, aber es hat sich so gelohnt.

 Gebt die Hoffnung nie auf!

 

Eure Isabell & Mila,

Mehr über uns auf Instagram : milaridge

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2 Kommentare

Hallo, ich kannte diese Erkrankung gar nicht. Ihr habt das Ganze super zusammen gemeistert 😍 toll👍

Roswitha

Toll was Mila und ihr geschafft habt !Weiterhin gute Besserung 🍀❤🍀

Nelz STEFANIR

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